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Essen an fremden Tischen


Start

Ein Versuch an sieben Tagen bei ganz unterschiedlichen, fremden Personen zu Gast zu sein und eine Mahlzeit mit ihnen zu essen.

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Hallo ich bin Laura, 25 Jahre alt und studiere an der Burg Giebichenstein. Im Rahmen meines Semesterprojektes „Drei Gänge Menu” habe ich einen Selbstversuch zum Thema Essen gemacht.

Essen an fremden Tischen – ein neuer Tag ein neuer Tisch

Die Versuchsbedingungen sind schnell erklärt. Es ging darum mit fremden Menschen, die man nicht kennt eine Mahlzeit, egal ob Frühstück, Mittag oder Abendbrot, am Tag zu essen. Der Versuch ging über 14 Tage, durch Feiertage und Ausnahmen bin ich auf 7 Mahlzeiten mit fremden Leuten gekommen.

Der schwierigste Schritt für mich war Leute direkt anzusprechen und mich bei ihnen einzuladen. Ich habe festgestellt, dass Essen immer noch ein Bereich ist, der gerade in den eigenen 4 Wänden auf eine Weise sehr privat ist. Man läd gerne Freunde und Familien ein, aber jemandem fremden herein zu bitten, ist ein ganz anderer Schritt. Als Kontaktaufnahme hat sich das Prinzip bewährt / Kennst du jemanden, der jemanden kennt der Lust hat bei einem Versuch mitzumachen /. Interessant war, dass das Prinzip schnell eine Eigendynamik einwickelt hat und man durch das erste Essen zum zweiten Essen gekommen ist. Ich habe auch einen Aufruf durch eine Anzeige gestartet durch den ich immerhin mehrere Interessenten und letztlich zwei Essen bekommen habe.

Meine Erkenntnis ist, dass Leute, die etwas im sozialen oder kreativen Bereich machen oder durch Familie und Bekanntenkreis damit konfrontiert werden, sich viel schneller auf so ein Projekt einlassen können ohne alles ganz genau im Detail wissen zu wollen. Der Bereich rund um Familien hat sich am schwierigsten herausgestellt, da die Familie in den meisten Fällen eine Art Schutz ist und gerade auch das Essen bei vielen der Moment am Tag ist, wo alle da sind und über Probleme und den ganzen Tag sprechen. Doch Dank meinen Nachbarn konnte ich auch hier mal dabei sein – als nicht ganz fremde Person, aber auch nicht als jemand, der jede Woche zu Gast ist.

Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen von meinen Essgeschichten und wenn ihr Lust und Laune habt meldet Euch, um eine weitere Essgeschichte zu schreiben.

Bis dahin,
Laura

 






Erster Tag

Essen bei der Familie von gegenüber.
Wurst, Käse, Brot an Gesprächen über Lehrer, Schule, Essen und den Selbstversuch … 

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Heute habe ich bei meinen Nachbarn zu Abend gegessen. Kristin ist 39 Jahre alt und die Mama von der Rasselbande, die aus Mattis 2 Jahre, Alfred 5 Jahre, Justus 9 Jahre und Gustav 12 Jahre besteht.

Das Abendessen war sehr schön, leider war Papa Dirk nicht da, weil er zur Zeit auf Geschäftsreise ist. Es gab Brot, unterschiedliche Käsesorten, Salami, Quark, Salat und Radieschen, wie auch warme Knackwürstchen mit Senf oder Ketchup. Ich habe zum Essen einen Salat mitgebracht, der sogar allen geschmeckt hat außer Mattis.

Zunächst war die Stimmung noch nicht so locker, aber mit der Zeit hatte ich das Gefühl immer mehr ein Teil der Familie zu werden. So fing Justus nachdem er etwas später zum Essen kam, da er noch beim Musizieren war, langsam an zu erzählen was er in der Schule erlebt hat und wie es morgen weiter gehen würde. Aber auch sein älterer Bruder Gustav erzählte viele Geschichten aus der Schule und von Filmen, die er dort gesehen hat. Alfred war auch gerade bei dem Thema rund um unser Essens Experiment sehr interessiert und hat auch mal nachgedacht, wie seine Freund zu Abend essen. Nachdem Essen habe ich sogar ein schwedisches Pfefferminzbonbon bekommen, dass sie vom Nachbarn von oben fürs Kaninchen füttern bekommen haben.

Es war schon eine ungewöhnliche Situation für alle, aber es war nicht angespannt sondern sehr positiv, es war einen sehr offenes miteinander. Meine Nachbarn sind eine herrlich, nette Familie und Essen findet so statt, wie auch früher bei mir zuhause. Das Abendessen zum Erzählen über den Tag. Am Ende des Essens wurde ich ganz herzlich verabschiedet und Mattis hat mir schon meine Schuhe angereicht.

 

Tag 1 …
sehr positiv, ich freu mich auf weitere Essen und vielen Dank nochmal an Kristin, Gustav, Justus, Alfred und Mattis

 






Zweiter Tag

WG-Essen.
Asiatische Küche an TetraPak Wein und Bier …

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Mein Essen heute an Tag 2 findet in der WG von Steffi statt genannt “Steif”. Wir haben uns vor dem Kochen erstmal alle zum einkaufen vor dem REWE am Steintor getroffen. Ein echt guter Start ins Essen, weil beim Einkaufen hat man sich schonmal kennengelernt und alle konnten entscheiden, was es gibt und jeder hat was fürs Essen eingekauft. So ich habe eingekauft und gegessen mit Steffi, 24 Jahre arbeitet bei REWE, Eric, 23 Jahre Student Management natürlicher Ressourcen, Lisa, 26 Jahre Studentin Förderschullehramt, sowie Indra, 19 Jahre Studentin Förderschullehramt und Elli, 24 Jahre ebenfalls Förderschullehramt.

Heute an Tag 2 gab es Reis mit Kaiserschoten und Zucchini an Falafelbällchen mit Erdnussbuttersoße. Dazu gab es reichlich Bier und TetraPak Wein, es war ein echt lustiger Abend. Für die Erdnussbuttersoße war Eric zuständig, Steif und die anderen waren für das Schnibbeln und Rollen der Bällchen verantwortlich. Das gute am Gast sein man braucht nix machen ;-). Nee Quatsch habe immer Getränke nachgeschenkt. Ach so ja was auch noch sehr praktisch war es gab für uns im REWE den Mitarbeiterrabatt, das ist nicht schlecht. Das Essen war echt lecker und wurde sogar am gleichen Abend nochmal gekocht, weil immer mehr Leute zum Essen kamen. Also Eric ist nochmal schnell los zum REWE und hat Nachschub besorgt.

Durch mein Essen in der WG von Steffi bin ich auch an mein Essen für Tag 3 gekommen. Ich wurde von Lisa zu Tim eingeladen. Das läuft super gut und man lernt echt viele Leute und WGs kennen und bekommt echt gutes Essen.

 

Tag 2 …
selbst in den außergewöhnlichsten WG’s gibt es einfach super Essen. Es ist echt schön, dass man sich einfach zu gemeinsamen Kochabenden mit sich anschließender Party trifft.

 






Dritter Tag

Essen bei Tim mit seinen Freunden.
Es gab Warps und Playstation als Nachtisch … 

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So, gestern konnte ich mein Essen für Tag 3 bereits festmachen, das war echt sehr praktisch. An Tag 3 war ich in der Forsterstrasse bei Tim. Tim ist Elektriker und 24 Jahre alt und echt sehr ordentlich, das kann aber auch daran liegen, dass seine Mutter bei ihm regelmäßig klar Schiff macht. Beim Essen dabei waren Elli, 24 Jahre Förderschullehramt, Lisa von Tag 2, die mich eingeladen hat, Nico, 34 Jahre Chemielaborant und Arne, 25 Jahre Student Bio-Chemie.

Heute gab es Finger Food, d.h. es gab Wraps zum selbst Belegen mit Salat, Tomate, Gurke, Feta, Gauda und vegetarischen Hühnchennuggets. Das Essen hat echt gut geschmeckt und ist einfach und schnell. Die Wraps kommen kurz in die Mikrowelle und den Rest muss man vorm Essen nur klein schneiden. Dazu gab es Bier. Hier habe ich mich am Essen durch Umlage beteiligt. Im Gespräch hat sich herausgestellt, dass sie alle öfter mal und gerne zusammen kochen. Alles in allem war es ein entspannter Abend, bei dem wir über Horrorfilme über Kacke-Bomben usw. viel gequatscht haben. Als Nachtisch gab es eine Runde Playstation.

 

Tag 3 …
also bis jetzt läuft der Selbstversuch gut, man lernt viele Leute kennen, es gibt leckeres Essen und zum Nachtisch Playstation.

 






Vierter Tag

WG-Essen bei Benni und Alicia.
Gute Musik an veganen Spaghetti Cabonara …  

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Heute an Tag 4 bin ich bei Beni und Alicia in eine Urgestein WG eingeladen, die es in immer wechselnder Besetzung bereits seit den 70er Jahren gibt. Sie haben eine echt kleine aber nette Küche. Deshalb haben wir im Flur gegessen, den sie sich wie ein kleines Café gestaltet haben. Beni ist 23 Jahre alt und studiert Soziologie und Philo und Alicia ist 18 Jahre und macht gerade ihr Abitur.

Die Besonderheit: Das ganze Essen, Spaghetti Cabonara war vegan. Der Schinken wurde durch Räuchertofu ersetzt und die Sahne durch Soja-Cuisine, der käsige Geschmack kam durch die Edelhefefloken. Das ganze hat wirklich sehr ähnlich wie das orginale Spaghetti Cabonara geschmeckt. Die beiden sind sehr nett und aufgeschlossen, ansonsten war keiner aus der fünfer WG da, was nach den beiden äußerst selten vorkommt. Die beiden ernähren sich jetzt seit einem Jahr vegan. Man kann wirklich sagen, dass man vegan leckere Sachen kochen kann. Alles in allem war es ein sehr schöner Abend mit guter Musik. Es war eine lockere Atmosphäre und ich hatte nie das Gefühl einfach nur jemand völlig fremdes zu sein, sondern viel mehr ein ganz normaler Gast, der öfter mal vorbei kommt zu sein. Außer beim Nachtisch, bei dem sich die beiden nochmal richtig ins Zeug gelegt und ihn extra schön angerichtet haben.

 

Tag 4 …
ein schöner Abend in gemütlicher Atmosphäre mit coolen Leuten und einem leckern veganem Essen.

 






Fünfter Tag

Entspanntes Frühstück in der Künstler-WG bei Alex.
Kaffee – ein guter Start in den Tag – und dazu Brötchen, super …

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Heute an Tag 5 war ich bei Alex, 25 Jahre alt, studiert Kunst in der Klasse für Bildraum, Objekt und Glas an der Burg. Diesmal war ich mal nicht zum Abendessen eingeladen, sondern zum Frühstück. Morgens hat er mir erstmal total verschlafen die Tür aufgemacht und es gab Kaffee. Zu diesem Essen habe ich die Brötchen mitgebracht.

Alex wohnt in einer großen Künstler WG, die das gesamte Haus einnimmt mit Ateliers und vielem mehr. Außer Kaffee und Brötchen gab es viele verschiedene Aufstriche zum Frühstück. Es gab Süßes wie Schokoladen-Creme mit schwarzer und weißer Schokolade und Naschi-Aufstrich. Doch auch für Herzhaftes hatte er gesorgt, wie einem Bärlauch-Aufstrich aus frischen Kräutern, der sehr lecker war, und Zwiebelschmalz. Ansonsten gab es noch Käse und Marmelade. Die Atmosphäre beim Frühstück war sehr entspannt und angenehm, später sind noch Alex’ Mitbewohnerinnen dazugekommen und haben mit uns gefrühstückt. Sie haben sich jedoch Obst und ein warmes Reisgericht zum Frühstück gemacht.

Es war schön zu hören, dass die drei teilweise schon von unserem Projekt gehört haben und uns demnächst mal besuchen kommen. Das Frühstück bei fremden Leuten war auf eine Weise ganz anderes als bei fremden Leuten zu Abend zu essen. Die Themen und die Tageszeit machen anscheinend doch einen Unterschied. Zwar brauchen morgens alle erstmal ne längere Anlaufzeit sind dafür aber später sehr gesprächig und man bekommt noch mehr von ihrem Tagesablauf mit.

 

Tag 5 …
es war sehr schön auch mal bei fremden Leuten zu frühstücken und mit ihnen den Tag zu beginnen. Ich hätte gerne mal den Bärlauch-Aufstrich. So ich freu mich auf Tag 6.

 






Sechster Tag

Essen in der Juristen-WG bei Anna und Aline.
Fisch, Kartoffeln und Salat an Gesprächen über Juristen, Jutebeutel und vieles mehr …

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Heute an Tag 6 bin ich bei Aline und Anna eingeladen beide 21 Jahre alt und Jura-Studentinnen an der MLU. Die beiden haben sich auf meine Anzeige gemeldet, die ich überall verteilt habe. Unter anderem auch im Juridicum auf der Damentoilette.

Bei den beiden habe ich zu Mittag gegessen, es gab Kartoffeln mit Fisch aus dem Backofen. Ich habe zum Essen einen Feldsalat mit Fetakäse mitgebracht. Sie haben mich sehr nett empfangen, leider war ihr Mitbewohner Jurek, der auch mit essen wollte, nicht da, weil er Seminar hatte. Als ich in der WG ankam, war das Essen bereits fertig und der Tisch war sehr schön mit Kerzen und Servierten gedeckt. Die WG ist wirklich schön eingerichtet und es war sehr atmosphärisch. Wir haben uns während des Essens viel unterhalten und die beiden haben bis jetzt keine Berührungspunkte mit der BURG und waren noch nie bei einer Jahresausstellung, zu der ich die beiden erstmal eingeladen habe. Sie waren auch von unserem Projekt sehr begeistert und wollten sich unseren Garten ansehen. Ich fände es schön, wenn wir unser Projekt auch mit Studenten von der MLU verbinden könnten.

Ich habe Aline und Anna gefragt, ob es stimmt, dass bei den Juristen Seiten aus Büchern gerissen, Seiten geschwärzt und Bücher versteckt werden. Sie haben mir das Ganze bestätigt, finden es selber aber völlig unmöglich und beteiligen sich jedes Jahr an der Suchaktion im Juridicum, wo alle Bücher wieder an ihren Platz gestellt und gesucht werden. Sie haben mir erzählt, dass sogar Bücher in der Lüftungsanlage gefunden werden.

 

Tag 6 …
ein schönes Mittagessen bei sehr lieben Jurastudenten. Es war echt super, dass sie sich auf die Anzeige gemeldet haben und das alles so toll funktioniert hat. Schön, dass Leute sich auf solche Projekte einlassen und so offen sind.

 

 

 






Open End

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Zusammenfassend kann ich sagen, dass das Ganze eine wirklich gute Erfahrung war, durch die ich selbst viel offener im Umgang mit anderen Menschen geworden bin.

Gemeinsam Essen ist eine sehr schöne Art, Leute und ihre Gewohnheiten kennenzulernen. Ein Essen kann ein vermittelndes Element sein, das es allen erleichtert, miteinander ins Gespräch zukommen. Ich habe es leider nicht geschafft, an jedem Tag mit fremden Leuten zu essen, jedoch schlägt meine Anzeige langsam weite Wellen und ich werde meinen Versuch hier und da weiter führen. Also wenn ihr Lust habt an meinem Versuch teilzunehmen dann meldet euch bei mir.

Auf baldiges Wiedersehen …
und nochmal an alle vielen, vielen Dank, die an meinem Versuch teilgenommen haben.

 

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