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Design Education Research

  • Designprozesse
    Lecture 2

     

     

    Was haben die Yes Men mit Design zu tun,
    was eine herumlungernde Gruppe von Menschen?
    Und wieso reden wir immer nur über Objekte?

    Vortrag von Malte Westphalen

     

    Wenn wir uns mit Design beschäftigen, wird man früher oder später auf ein Bild kommen, welches einem Ausverkauf im Supermarkt gleich kommt. Der Weg hin zu diesen Dingen wird als Designprozess bezeichnet. Der Designer ist also nicht ganz unschuldig an einem Umstand wie diesem.

    Sich mit Designprozessen auseinander zu setzen, scheint genaugenommen etwas witzlos, wenn man das Ziel verfolgt, den einen Designprozess zu beschreiben. Da einerseits Prozesse Mustern folgen die der Gesunde Menschenverstand im Einzelfall besser ergründen kann, als eine Vorlesungsreihe es vermag und zweitens diese Prozesse immer individuell sind. Der letztere Punkt meint auch, dass jeder Prozess, der zu einer Idee, einem Artefakt oder einem Ding führt, einzigartig ist.

    Prozesse gab es viele und im Laufe dieser Vorlesungsreihe sollen einige dieser Prozesse genauer angeschaut werden. Ziel der Veranstaltungen soll es sein, mögliche Positionen des Designs zu ermitteln. Es soll um Wahrheit, Fiktion und Realität gehen, und inwiefern diese Punkte beeinflusst werden können. In unserer sehr wahrheitsliebenden Gesellschaft wird dies meist durch die Wissenschaften übernommen, genau genommen durch die Sprache. Henri Lefebvre sagte dazu: „Warum aber soll die Sprache die ‚Wohnung des Seins’, der Ort der Enthüllung sein, und nicht die Praxis? Und warum die Sprache allein? Warum nicht auch die Musik […]” (Henri Lefebvre (Dell, S. 7)). Musik könnte hier auch durch Design, Kunst, Architektur etc. ersetzt werden. Kurzum durch all das, was unsere Welt interessant macht – zumindest meiner Meinung nach.

    Und mit diesem Satz – oder dieser Frage – ist man eigentlich schon mitten im Thema. Nämlich bei der Frage, was gestalterische Prozesse zu ändern vermögen?

    Mit der Moderne wurde eine Epoche eingeleitet, die stetig Grenzen überschritten hat – ja das Grenzüberschreiten sogar zum Thema erklärt hat. Grenzen sind nicht mehr klar erkennbar und wenn doch, wurde sich bemüht, diese abzuschaffen. Die Welt veränderte sich, wurde komplexer, unverständlicher und verworrener.

    Den Anfang in der Vorlesungsreihe machen die Internationalen Situationisten. Sie konnten die Verwirrung nach der Moderne zwar nicht auflösen, haben aber Methoden entwickelt, sich in die Gesellschaft einzumischen und Dinge zu ändern. In ihrem Handeln ging es im Wesentlichen um das Ausprobieren und das Machen. Was sie hinterlassen haben, ist eine Methoden- und Materialiensammlung, die bis heute nicht an Aktualität verloren hat. Sie haben eine Anleitung hinterlassen für die Konstruktion eines Paradises auf Erden.

    Vor allem aber haben die Situationisten die Subversion als Gestaltungsmöglichkeit erschlossen und methodisch aufbereitet. Subversion meint hier das Analysieren vorhandener Systeme, um die Mittel dieser für Neues zu verwenden. Und ist damit meiner Meinung nach dem Designprozess mehr als nur nahe. Denn auch hier muss Vorhandenes erkannt und transformiert werden, um zu etwas Neuem zu kommen.

     

    Ein Teil der Anleitung sind die vier Erfindungen:

    1. Kritik an der Gesellschaft;
    2. Konstruktion von Situationen;
    3. Unitärer Urbanismus;
    4. Andere / neue Kultur u. Kunst-Produktion.

    Realisiert wurde das Ganze durch: Entwendung, Zweckentfremdung, Fotoromane, Comics, Filme, Geschmiertes, Dilettantisches, Kitsch, Basteln, Schrott, Abfall, Vorgefertigtem, Montage, Collage, Plagiat, parasitärem, idiotisch, viel Vergnügen …

     

    MERKE (zwei Schlusssätze)

    1. „Es ist nicht egal, was man macht“ (W. Benjamin)
    2. „Man macht eine Revolution nicht, um arm zu werden.“ (Asger Jorn)

     

     

    Quellen:

    Der Beginn einer Epoche – Texte der Situationisten / Leseprobe pdf
    Edition Nautilus

     

    Supermarket of the Dead
    Brandopfer in China und der Kult des globalisierten Konsums. Proposition III.
    Eine Ausstellung von Wolfgang Scheppe mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
    14. März bis 14. Juni 2015

     

    La société du spectacle (1973) Guy Debord

    Die Gesellschaft des Spektakels (La société du Spectacle) ist das 1967 erschienene Hauptwerk des französischen Künstlers und Philosophen Guy Debord. Es handelt sich um eine philosophisch an Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Karl Marx und Georg Lukács geschulte radikale Anklage der modernen westlichen und östlichen Industriegesellschaft, des Kapitalismus, der realsozialistischen Bürokratie, der Form der Ware und der modernen damit einhergehenden Regierungstechniken. Das Buch hatte großen Einfluss auf die französische Studentenbewegung des Pariser Mai 1968, erlangte später einen Kultstatus in Kunst und Subkultur und wird bis heute als medientheoretisches wie politisches Werk an Universitäten gelesen.

    aus:
    Die Gesellschaft des Spektakels / wikipedia

    siehe auch
    Guy Debord – Die Gesellschaft des Spektakels pdf
    The Concept of the Spectacle’ in Anselm Jappe’s Guy Debord pdf
    »Ciné qua non«: Guy Debord und die filmische Praxis als Theorie, Thomas Y. Levin

     

    Hurlements en faveur de sade (Geheul für de Sade, 1952) Guy Debord

    Debord drehte mehrere Filme, in denen er mit den Möglichkeiten des Experimentalfilms spielte, wobei er bisweilen auch die Zuschauerreaktionen und den abgedunkelten Kinosaal in die Vorführung miteinbezog: Einer seiner Filme, Hurlements en faveur de Sade („Geheul für de Sade“), bestand aus Stille und einem minutenlangen Schwarzbild, das gelegentlich zu weiß wechselte, wobei Zitate über Jugend oder Revolution sowie Gesetzestexte zu hören waren; das Geheul stellten dabei die lautstarken Proteste des empörten Publikums dar.

    aus
    Guy Debord / Filmographie / wikipedia

     

    Die Yes Men regeln die Welt (2009)

    Sometimes it takes a lie to expose the truth.

    „At an international conference in Austria, about the importance of free markets, we [posing as representatives of The World Trade Organization] said we have a giant free market, it’s called democracy, and the only problem is that corporations can’t buy and sell votes, we want to open a free market and democracy by allowing people to sell their votes to the highest bidder. The audience of highly educated lawyers and government officials said, „You’re right. Great idea. Let’s implement it. Let’s figure out how to do it.“ And they just accepted it because it stayed within their logic of the free market.”

    The Yes Men

    siehe auch
    Die Hochstapler / brandeins Ausgabe 10/2014

     

    The Yes Men are Revolting
    USA / Frankreich / Dänemark / Niederlande / Deutschland 2014, 92 Min

    REGIE: Laura Nix, Andy Bichlbaum, Mike Bonanno

    Nach bald zwei Jahrzehnten des humorvollen Guerilla-Aktivismus gegen die Gier der Wirtschaft und die Korruption der Politik unter dem Banner der Yes Men haben Alltag und Sinnkrisen die beiden Gründer eingeholt. Mike Bonanno hat Frau und Kinder, während Andy Bichlbaum die Hoffnung auf eine dauerhafte Beziehung mit seinem Freund noch nicht aufgegeben hat. Ihre kritischen Aktionen, in denen sie sich unter anderem als Sprecher der US-Handelskammer oder von Shell ausgeben, um der verwunderten Presse einen Richtungswechsel zu verkünden, verpuffen bisweilen ohne die gewünschte Wirkung. Die gewachsene private Verantwortung hat ihren Effekt auf die gemeinsamen Aktionen. Dennoch fühlen sie sich verpflichtet, dem Klimawandel, der alle bisherigen Probleme der Menschheit in den Schatten stellt, energisch entgegenzutreten. Und so holen sie sich externe Helfer, um neue, spektakuläre Aktionen durchzuführen. Aus wechselnder Tagebuchperspektive von Andy und Mike erzählt der inzwischen dritte Film über die Yes Men (Panorama Publikums-Preis 2009) vom Auf und Ab einer kreativen Freundschaft und dokumentiert vergnüglich gescheiterte wie auch gelungene Aktionen der beiden von 2009 bis heute.

    Text berlinale